Abmahnungen vermeiden: Der 10-Punkte Plan für das Jahresendgeschäft

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Das Jahresendgeschäft ist für viele Onlinehändler die umsatzstärkste Zeit im Jahr. Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen sind dann doppelt nervig, da sie Kapazitäten binden. Damit sich eCommerce-Treibende voll und ganz auf die kommenden Wochen konzentrieren können, hat Jan Lennart Müller von der IT-Recht Kanzlei für unsere Leser einen 10-Punkte Plan entwickelt. Er kann dabei helfen, häufige Abmahngründe zu vermeiden.

1. Fehlerhafte oder fehlende Widerrufsbelehrung

Ein häufiger Abmahngrundgrund ist eine fehlerhafte oder fehlende Widerrufsbelehrung. Gemäß § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 2 und 3 EGBGB müssen Sie den Verbraucher über das gesetzlich zustehende Widerrufsrecht informieren. Unterbleibt diese Information oder wird der Verbraucher fehlerhaft belehrt (zum Beispiel ohne Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung), kann dies abgemahnt werden.

Hierbei gilt in zeitlicher Hinsicht, dass diese Information erteilt werden muss, bevor der Verbraucher seine Vertragserklärung (das heißt seine Bestellung) abgibt.

Tipp: Wenn Sie bislang noch keine (sichere) Widerrufsbelehrung und andere stets aktuelle Rechtstexte im Einsatz haben, können Sie hier als MarketPress-Kunde entsprechende Mustertexte zu Sonderkonditionen beziehen. Siehe auch unsere Anleitung zur Anbindung der IT-Recht Kanzlei an WooCommerce.

2. Werbung mit einem „versicherten“ Versand

Die ständige Rechtsprechung geht davon aus, dass die Werbung mit einem „versicherten Versand“ im Online-Handel eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten darstellt und damit unzulässig ist, weil das Transportrisiko bei Verbrauchsgüterkäufen schon per Gesetz den Unternehmer trifft. Nach § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB i.V.m. § 447 BGB trägt stets der Verkäufer das Risiko des zufälligen Untergangs, der Beschädigung oder des Verlusts der Ware.

Macht ein Online-Händler in seinem Angebot insofern auf diese gesetzliche Bestimmung der Risikoübernahme in einer Weise aufmerksam, die dem Kunden suggeriere, er erhalte eine zusätzliche, vom Verkäufer gewährte (besondere) Serviceleistung, stellt dies eine unlautere geschäftliche Handlung dar.

Empfehlung: Verzichten Sie im Zusammenhang mit dem Versand auf jegliche Aussagen zu einem „versicherten“ bzw. „unversicherten“ Versand.

3. Fehlerhaftes oder fehlendes Widerrufsformular

Besteht gemäß § 312d abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 2 und 3 EGBGB ein Widerrufsrecht zu Gunsten des Verbrauchers, muss dieser auch über das gesetzliche Muster-Widerrufsformular belehrt werden. Erfolgt dies nicht oder fehlerhaft (zum Beispiel durch Aufnahme einer Telefonnummer im Widerrufsformular), droht eine Abmahnung. Beim Widerrufsformular gilt in zeitlicher Hinsicht ebenfalls, dass diese Information erteilt werden muss, bevor der Verbraucher seine Vertragserklärung (also seine Bestellung) abgibt.

4. Werbung mit einer Garantie

Händler werden abgemahnt, die mit einer Garantie (zumeist eine Herstellergarantie) werben, ohne hierbei die gesetzlichen Pflichtinformationen gemäß § 477 BGB zu erfüllen. Voraussetzungen des § 477 BGB an eine Garantiewerbung:

Bitte beachten Sie, dass Sie mit dem Begriff “Garantie” nur werben dürfen, wenn Sie dabei zum einen auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf hinweisen, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden. Und zum anderen zugleich den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben – die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind – darstellen, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers.

Die Werbung mit einer „Garantie“, welche die vorstehenden Bedingungen nicht erfüllt, ist generell abmahnbar, insbesondere also die „schlagwortartige“ Bewerbung der Garantie ohne jede weitere Erläuterung (beispielsweise „2 Jahre Herstellergarantie“).

Fazit: Wenn Sie mit einer Garantie werben wollen, müssen Sie die Informationsvorgaben des § 477 BGB vollständig erfüllen. Die IT-Recht Kanzlei stellt ihren Mandanten Muster zur rechtssicheren Werbung mit einer Herstellergarantie bzw. mit einer Händlergarantie zur Verfügung. Mit diesen Mustern können Sie Ihre Garantiewerbung rechtskonform gestalten. Wenn Sie sich nicht die Mühe machen möchten, die vollständigen Informationspflichten zu erfüllen, bleibt nur der Verzicht auf die Garantie-Werbung, um Abmahnungen zu vermeiden.

5. Auslandsversandkosten anfragen lassen

Im Online-Handel muss der Verbraucher klar und deutlich über anfallende Versandkosten informiert werden, dies gilt nicht nur für den Inlandsversand, sondern auch und gerade für den Versand ins Ausland. Wer ins Ausland liefert, muss die Versandkosten für alle (!) vom Händler belieferten Länder nennen. Vorsicht: Es ist nicht zulässig, wenn Sie Ihren Kunden auffordern, die Auslandsversandkosten erst anzufragen, wenn Sie den Versand in ein bestimmes Land bereits in Aussicht gestellt haben.

In zeitlicher Hinsicht muss der Kunde vor dem Einlegen der Waren in den virtuellen Warenkorb die Möglichkeit erhalten, sich über etwaig anfallende Auslandsversandkosten zu informieren. Auch das OLG Frankfurt und das OLG Hamm hatten bereits entschieden, dass es sich bei fehlenden Auslandsversandkostenangaben nicht um eine Bagatelle, sondern um einen abmahnbaren Wettbewerbsverstoß handelt.

Empfehlung: Geben Sie die Versandkosten in die von Ihnen belieferten Länder klar und transparent an.

6. Verwendung von unzulässigen AGB-Klauseln

Immer wieder verwenden Online-Händler Allgemeine Geschäftsbedingungen mit unzulässigen Klauseln. Diese unzulässigen Klauseln stellen Wettbewerbsverstöße dar und können sodann Gegenstand einer Abmahnung sein. Die am häufigsten abgemahnten Klauseln betreffen:

  • Unzulässige Gerichtsstandsvereinbarungen
  • Unwirksame Schriftformklauseln
  • Unzulässige Gewährleistungsverkürzungen
  • Unwirksame Rechtswahlklauseln

Fazit: Verwenden Sie nur rechtssichere AGB, die Sie aus einer vertrauenswürdigen Quelle erhalten haben. Da sich die Rechtstexte aufgrund von Rechtsprechung und Gesetzesänderung häufig ändern, ist ein Update-Service für Rechtstexte äußerst sinnvoll. Wenn Sie bislang noch keine (sicheren) AGB im Einsatz haben, können Sie hier unsere abmahnsicheren AGB beziehen.

7. Werbung mit „CE-geprüft“

Immer wieder werden Online-Händler abgemahnt, die mit der Aussage “CE-geprüft”, “CE-Prüfung” oder “CE-zertifiziert” oder “Zertifizierung nach CE” werben. Der Rechtliche Hintergrund: Das “CE-Kennzeichen” stellt in aller Regel eben kein Qualitätszeichen dar. Es signalisiert weder eine besondere Sicherheit noch eine Qualität des Produkts.

Durch Verwendung etwa der Formulierung “CE-geprüft” im Zusammenhang mit der Ware entsteht jedoch für den Verbraucher der Eindruck, eine neutrale Stelle habe eine Prüfung vorgenommen und die Ware weise eine besondere Sicherheit und Qualität auf, die sie aus den auf dem Markt befindlichen Produkten heraushebt.

Empfehlung: Lassen Sie das Werben mit den Aussagen “CE-geprüft”, “CE-Prüfung” oder “CE-zertifiziert” oder “Zertifizierung nach CE” bleiben.

8. Ungenügende Lieferzeitangaben (“in der Regel”)

Lieferzeiten müssen immer so exakt wie möglich angegeben werden – auf Floskeln wie „in der Regel“ ist hierbei zu verzichten. Da der Verbraucher sich nichts unter der Bedingung „in der Regel“ vorstellen kann und auch nicht informiert wird, was genau die Ausnahmen vom Regelfall sein sollen, wird er hierdurch möglicherweise in die Irre geführt. So hatte schon das OLG Frankfurt am Main geurteilt, dass die Lieferfristbestimmung bei der Verwendung der Formulierung “in der Regel” entgegen § 308 Nr. 1 BGB nicht hinreichend bestimmt ist.

9. Fehlerhafte oder fehlende Textilkennzeichnung

Online-Händler werden gerade vor allem wegen fehlender oder mangelhafter Kennzeichnung von Textilien abgemahnt. Folgende Regeln sind in diesem Zusammenhang einzuhalten:

Regel Nr. 1:

Für die Beschreibung der Faserzusammensetzungen dürfen nur diejenigen Textilfaserbezeichnungen verwendet werden, die in dieser Liste nach Anhang I der Verordnung abgebildet sind.

Regel Nr. 2:

Die Bezeichnungen nach Anhang I der Verordnung dürfen weder alleinstehend noch in Wortverbindungen oder als Eigenschaftswort für andere Fasern verwendet werden.

Regel Nr. 3:

Firmenbezeichnungen oder Markenzeichen (wie zum Beispiel „Lycra“) sind keine zulässigen Angaben zur Textilfaserzusammensetzung. Zulässig ist es jedoch, wenn Firmenbezeichnungen oder Markenzeichen den laut der Europäischen Textilkennzeichnungsverordnung zulässigen Bezeichnungen von Textilfasern unmittelbar voran- oder nachgestellt werden. Andere Informationen müssten stets getrennt davon aufgeführt werden, vgl. Artikel 16 Absatz 2 der Verordnung.

Regel Nr. 4:

Nur Textilerzeugnisse, die ausschließlich aus einer Faser bestehen, dürfen den Zusatz „100 %“ oder „rein“ oder „ganz“ tragen. Richtig wäre die Bezeichnung: 100% Seide, reine Seide oder ganz Seide. Falsch wäre dagegen die Bezeichnung: „100 % reine Baumwolle“, „absolut Baumwolle“ oder „nur Baumwolle”.

Regel Nr. 5:

Die Gewichtsanteile der einzelnen Fasern in Prozent müssen ausnahmslos in absteigender Reihenfolge angegeben werden. Die Angabe „85 % Polyester Mindestgehalt“ wäre z.B. aus dem Grund nicht mehr zulässig.

Beispiel: Nettotextilgewicht = 80 % Baumwolle und 20 % Polyester. Richtig wäre die Angabe: 80 % Baumwolle, 20 % Polyester. Falsch wäre die Angabe: 20 % Polyester, 80 % Baumwolle.

Regel Nr. 6:

Die IT-Recht Kanzlei empfiehlt Online-Händlern, die Textilien auch ins Ausland vertreiben, die Etikettierung der Textilien dahingehend zu überprüfen, ob die Materialangaben auch in den Landessprachen der jeweiligen Empfängerländer vorhanden sind und dies ggf. nachzuholen.

Regel Nr. 7:

Nichttextile Teile tierischen Ursprungs in Textilerzeugnissen sind unter Verwendung des Hinweises „Enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“ zwingend anzugeben (dies betrifft beispielsweise das Lederlabel an der Jeans oder auch Knöpfe, die aus Horn bestehen oder den Perlmutt-Zierknopf am Minislip).

10. Fehlende Belehrung über fernabsatzrechtliche Informationspflichten

Es gibt für Online-Händler zahlreiche Informationspflichten gemäß § 312a Abs. 2 i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB und § 312a Abs. 1 i.V.m. Art. 246a § 1 EGBGB. Hierzu gehören insbesondere die beiden nachstehenden Informationspflichten (Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 8 EGBGB; Art. 246c Nr. 2 EGBGB), die in vielen Abmahnungen auftauchen:

  • Belehrung über Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für die Waren.
  • Belehrung ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer gespeichert wird und ob er dem Kunden zugänglich ist.

Fehlen diese Informationen, kann der Abmahner argumentieren, dass ein Verstoß gegen § 3a UWG vorliegt.

Fazit: Informieren Sie den Verbraucher über die gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflichten nach dem EGBGB, insbesondere über das gesetzliche Mängelhaftungsrecht und die Vertragstextspeicherung. Ein Weg hierfür ist der Einsatz von rechtssicheren AGB. Kunden von MarketPress können die abmahnsicheren AGB der IT-Recht Kanzlei zu Sonderkonditionen beziehen.

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