Online-Anbieter von Telekommunikations-, Rundfunk-, Fernseh- und auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistungen an private Kunden innerhalb der Europäischen Union (EU) werden ab Januar 2015 die in dem jeweiligen Land des Kunden geltenden Umsatzsteuer-Sätze berechnen und dort abführen müssen. Bislang war diese in dem Staat zu entrichten, in dem das leistende Unternehmen ansässig ist. Dies hat sich nun geändert, mit der Folge, dass auf die hiervon betroffenen Online-Händler beachtliche Änderungen zukommen.
Dieser Beitrag von Dr. Kerstin Heiß erschien zuerst auf Blog IT-Recht und erscheint in unserem Blog mit freundlicher Genehmigung der RES MEDIA Kanzlei für IT-Recht, E-Commerce und gewerblichen Rechtsschutz.
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Hintergrund der Neuregelung
Hintergrund für die Änderung sind europäische Vorgaben in verschiedenen EU-Richtlinien, u.a. des sog. Mehrwertsteuer-Pakets 2010 (Richtlinie 2008/8/EG vom 12.02.2008) und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1042/2013 vom 7.10.2013, die in Deutschland durch Änderungen im Umsatzsteuergesetz und in der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung umgesetzt wurden.
Die neuen Regelungen sollen für einheitliche Bedingungen in den verschiedenen europäischen Ländern sorgen. Einer der Hintergründe für die Neuregelung ist die Schaffung von mehr Steuergerechtigkeit. Viele große „Player“ im Onlinehandel platzieren derzeit noch bewusst den Firmensitz in einem Land mit möglichst günstigen Mehrwertsteuersätzen. Dieses sog. „Forum-Shopping“ in Bezug auf Staaten soll damit beendet werden.
Wann bietet ein Händler digitale Dienstleistungen an?
Betroffen von der Neuregelung sind Telekommunikations-, Rundfunk-, Fernseh- und auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen. Praktisch relevant für den Onlinehandel sind daher Dienstleistungen und Inhalte, die im Internet gegen Geld zugänglich gemacht oder zum Herunterladen zur Verfügung gestellt werden. Zu den elektronisch erbrachten Dienstleistung zählen Musik, Filme, E-Books oder Computerprogramme zum Download. Elektronisch erbrachte Dienstleistungen sind aber auch die Fernwartung von Programmen, das Erstellen von Webseiten oder das Webhosting. Anbieter von Onlinespielen, Suchmaschinen oder anderen Internetdiensten fallen ebenfalls unter die neue Regelung. Nicht erfasst wird der Versand von Software, E-Books auf CD oder DVD, da es sich hierbei um Waren und nicht um elektronische Inhalte handelt.
Wenn also ein Kunde aus Deutschland online bei einem Händler innerhalb der EU elektronische Dienstleistungen (z.B. e-Book, Apps, Filme zum Download) kauft, fällt künftig die Umsatzsteuer in Deutschland und nicht mehr im Heimatstaat des Anbieters an.
Wie hoch sind die einzelnen Steuersätze in den EU-Mitgliedsstaaten?
Die Besteuerung von digitalen Dienstleistungen und Produkte ist ab sofort nicht mehr einheitlich: Je nachdem, in welches Land geliefert wird, gilt unter Umständen ein anderer Steuersatz. Während die Umsatzsteuer bisher im Land des leistenden Unternehmens entsteht, wird sie künftig dort fällig, wo der Endverbraucher ansässig ist. Die Europäische Kommission gibt zur Orientierung einen verbindlichen Überblick über die Mehrwertsteuersätze in den einzelnen Mitgliedstaaten.
Hinzu kommt, dass nunmehr die rechtlichen Vorschriften rund um die Mehrwertsteuer, die in dem jeweiligen Land gelten, ebenfalls eingehalten werden müssen. Hierzu zählen beispielsweise die Anforderungen an eine Rechnung.
Wie wird die Mehrwertsteuer ab Januar 2015 genau abgeführt?
Die eingezogene Steuer muss entweder direkt in das jeweilige Land abgeführt werden oder Händler entscheiden sich für die Nutzung des sog. vereinfachten „One-Stop-Shop-Verfahrens“. Damit sie sich nicht in jedem einzelnen EU-Mitgliedstaat einzeln zur Umsatzsteuer anmelden müssen, soll das sogenannte “Mini-One-Stop-Shop-Verfahren” (MOSS) Unternehmen die Besteuerung erleichtern. In Deutschland lautet die offizielle Abkürzung für die zentrale Anlaufstelle KEA (“Kleine einzige Anmeldestelle”). Die Anmeldestelle ist dem Bundeszentralamt für Steuern (BzSt) angegliedert. Bei dieser Stelle registrieren sich Unternehmen, die elektronische Dienstleistungen für Privatpersonen im EU-Ausland erbringen. MOSS (die KEA in Deutschland) führt für den Unternehmer die Steuer im Empfängerland ab.
Aber Achtung: Nimmt ein Unternehmen MOSS – beispielsweise die KEA in Deutschland – in Anspruch, muss es alle Umsätze mit Privatkunden im EU-Ausland darüber abrechnen. Ein Nebeneinander der direkten Versteuerung im Land des Kunden und der Anmeldung in der Anlaufstelle ist nicht möglich.
Die Europäische Kommission hat einen Leitfaden zur sog. „kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer“ im Internet zur Verfügung gestellt.
Unternehmen melden ihre Umsätze im Privatkundengeschäft im EU-Ausland an KEA. Die Mitteilungen müssen quartalsweise spätestens am 20. Tag nach Quartalsende eingehen. Ab dem 1. Oktober 2014 können sich Unternehmen mit Wirkung zum 1.1.2015 für die Teilnahme an diesem neuen Verfahren registrieren lassen.
Auswirkungen auf die Gestaltung des jeweiligen Shops
Für die betroffenen Händler bedeuten die Neuregelungen, dass deren Shopsystem technisch angepasst werden muss, damit die unterschiedlichen Steuersätze sowohl berechnet, als auch angezeigt werden können. Voraussichtlich werden die Hersteller der Shopsysteme hier Updates oder Erweiterungen bieten. Die Angabe von Netto-Preise ist im Privatkundengeschäft jedenfalls aufgrund der eindeutigen Regelungen der Preisangabenverordnung keine mögliche Alternative. Vielmehr müssen die angezeigten Bruttopreise für ausländische Besucher angepasst werden.
Gilt die neue Regelung auch im B2B-Bereich?
Nein. Für Unternehmer im B2B-Bereich gilt nach wie vor die sogenannte Reverse-Charge-Regelung: Der Leistungsempfänger entrichtet die Steuer selbst.
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