Google bietet eine Reihe von kostenfreien Werkzeugen, mit denen sich Onlineshops optimieren lassen. Wie nutzt man diese? Und wie sehr müssen kleine Shops in die Nische gehen? Wir fragten Stephan Czysch, Fachbuchautor und SEO-Experte der Trust Agents.
Die Webmaster-Tools von Google werden häufig unterschätzt und vernachlässigt. Welche Punkte dort sollten sich vor allem Shopbetreiber genauer anschauen?
Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel Zeit und Geld für den Bezug und die Analyse von Daten aus meist kostenpflichtigen SEO-Tools investiert werden. Während jene Daten, die Google kostenfrei und ausgerichtet auf die eigene Website zur Verfügung stellt, wenig Beachtung finden. Ich möchte in keinem Fall die Bedeutung von SEO-Tools schmälern, ich setze diese selbst täglich ein. Mein erster Blick bei einer Analyse geht aber stets in die Google Webmaster Tools.
Ein guter Indikator dafür, ob die Regel „Ein Thema, eine URL“ eingehalten wird, sind die HTML-Verbesserungen. Sie zeigen mir zwar nicht, ob ich sinnvolle Keywords im Seitentitel verwende. Aber sie offenbaren, ob es Probleme mit mehrfach vorkommenden Seitentiteln gibt. Das ist wichtig, um Duplikate auf der Webseite aufzuspüren. Der nächste Blick geht meistens auf den Suchanfragenbericht. Hier sieht man nicht nur einzelne Keywords, zu denen man gefunden wird, sondern auch Informationen zur Klickrate. Durch eine ansprechendere Gestaltung der Meta-Description lässt sich die Klickrate häufig positiv beeinflussen. Bei gruenderszene.de habe ich vor zwei Jahren einen Artikel zu diesem Thema verfasst.
„Crawling-Fehler sollte man auf jeden Fall korrigieren“
In der Detailansicht einer einzelnen Suchanfrage findet man gegebenenfalls Hinweise darauf, ob es URLs gibt, die um ein Keyword konkurrieren. Statt mehrere ähnlich relevante URLs zu einem Thema anzubieten, sollte man besser dem bereits oben genannten Credo „Ein Thema, eine URL“ folgen. Und im Bestfall nur eine URL auf das Keyword hin optimieren. Die Anzeige der Crawling-Fehler ist natürlich ebenfalls sehr sinnvoll. Vorab: Beispielsweise durch Sortimentswechsel tauchen bei Shops viele Fehlerseiten zu Produkten auf, die es gar nicht mehr gibt. Diese lassen sich folglich auch anhand der Fehlerquelle und der fehlerhaften URL nicht mehr genau nachvollziehen. Das liegt einfach daran, dass die Daten nicht tagesaktuell sind.
Wenn allerdings externe Verweise zu Crawling-Fehlern führen, sollte man diese auf jeden Fall korrigieren. Man möchte ja schließlich vom (möglichen) positiven Einfluss externer Links profitieren – das ist nicht der Fall, wenn die verlinkte Seite beispielsweise einen 404-Fehler erzeugt. Kleiner Tipp am Rande: Mit schlau konfigurierten Reports in Webanalyse-Tools lassen sich 404-Fehler(quellen) finden, über die Nutzer gestolpert sind. Auch „Benutzerfreundlichkeit auf Mobilgeräten“, „Indexierungsstatus“, „Interne Links“, „Strukturierte Daten“ und die weiteren Tools sollte man sich regelmäßig anschauen. Grundsätzlich gilt: Je einfacher man es Suchmaschinen (und Nutzern) macht, Daten und Inhalte der Website zu verarbeiten, desto besser ist normalerweise auch das SEO-Ergebnis.
Neben den Google Webmaster Tools halte ich auch die Bing Webmaster Tools für ein wertvolles Werkzeug – für jeden Shopbetreiber. Die „SEO-Berichte“ geben konkrete Handlungsempfehlungen für die eigene Website, die durchaus auch dem Google-Ranking auf die Sprünge helfen können. Das ist mit einer der Gründe dafür, weshalb ich Bing in meinem Buch „Suchmaschinenoptimierung mit Google Webmaster Tools“ ebenfalls behandle.
In vielen Shops weisen die dortigen Content-Keywords darauf hin, dass Suchmaschinen vor allem technische Bezeichnungen wahrnehmen, die häufig im Shop vorkommen (beispielsweise “Versand”, “MwSt.” etc.). Wie gefährlich ist dies für das SEO? Wie kann man gegensteuern?
Google liefert bei den Content-Keywords rein quantitative Auswertungen. Die Frage ist immer, wo die Begriffe auftauchen und wie sie semantisch ausgezeichnet sind. Man sollte bei der Betrachtung der Begriffe auf jeden Fall das Thema der eigenen Webseite wiedererkennen. Ich persönlich halte es nicht für tragisch, wenn Begriffe wie „Versand“, „zzgl.“ oder „MwSt.“ unter den Top-Begriffen gelistet sind. Natürlich kann man dies technisch lösen, andere Dinge bei der Optimierung halte ich jedoch für strategisch wichtiger. Etwa die Verbesserung der Website-Architektur oder die Keyword-Abdeckung.
Über die „shopnahen“ Begriffe hinaus würde ich allerdings in den Content-Keywords schauen, ob Worte auftauchen, die nun gar nichts mit meinem Produkt zu tun haben. Hier findet man gegebenenfalls Hinweise auf Standardtexte, die auf jeder Seite vorkommen, die aber gar nicht zwingend im Quelltext enthalten sein müssen. Klassiker sind hier Meldungen wie „Sie haben keine Cookies aktiviert“. Diese sind eigentlich nur dann sichtbar, wenn man wirklich keine Cookies akzeptiert. Manche Shops schleifen solche Inhalte allerdings trotzdem durch alle Seiten. Unabhängig davon, ob die Nachricht für den jeweiligen Besucher relevant ist oder nicht. Das sollte man optimieren.
Die URL-Parameter weisen ebenfalls häufig auf spezifische Shop-Probleme hin. In welchen Fällen sollte man einzelne Parameter oder auch URLs ausschließen? Worauf gilt es hierbei zu achten?
Um alle abzuholen: Jede andere Schreibweise einer URL erzeugt eine einzigartige Adresse. Für eine Suchmaschine ist /unterseite und /Unterseite nicht dasselbe. Durch Parameter und deren Ausprägungen, zum Beispiel ?sort=price, entstehen ebenfalls neue Adressen. Die Frage ist immer, inwieweit der Parameter samt dem Parameterwert den Seiteninhalt verändert. Wenn es sich um einen Tracking-Parameter handelt, der eben keinen Einfluss auf den Seiteninhalt hat und somit ein Duplikat erzeugt, so sollte man diese Information über die URL-Parameterkonfiguration Google übermitteln. Alternativ ist der Einsatz des Canonical-Tags eine Option.
Bevor man irgendwelche Einstellungen vornimmt, sollte man sich natürlich detailliert damit beschäftigen, wie sich der Parameter auf den Seiteninhalt auswirkt. Google zeigt im Konfigurationsprozess einige Beispiel-URLs an – diese anzuschauen, lohnt sich auf jeden Fall. Die Google-Hilfe hält zu dem Thema einen entsprechenden Beitrag bereit. Und auch der Text im Webmaster-Blog von Google sollte entsprechende Fragen klären.
Mit dem Google AdWords Keyword-Planer lassen sich alternative Keyword-Ideen recherchieren (etwa “Badeshort” statt “Badehose”). Dabei wird auch ersichtlich, welche Schlüsselbegriffe wie stark umkämpft sind. Wie findet man hier die richtige Balance zwischen möglichst vielen Suchanfragen und möglichst geringem Wettbewerb?
Die Angaben zum Wettbewerb beziehen sich auf die bezahlte Suche. Wenn Begriffe eine unterschiedliche Nutzerintention darstellen, so sollte man diese auf einer eigenen URL abbilden. Idealerweise weiß man als Shopbetreiber, wie wichtig ein spezieller Begriff für den Geschäftserfolg ist. Entsprechend sollte auf die für den eigenen Shop wichtigen Begriffe optimiert werden.
„Viele Shops klassifizieren das eigene Sortiment zu grob“
Viele Shops gehen eher zu „spitz“ an die Sache heran und klassifizieren das eigene Sortiment zu grob – und decken dadurch eher die Begriffe ab, die alle anderen auch abhandeln.
Sollten kleine Shops hier generell zu Nischenbegriffen aber auch -Produkten tendieren, um die fehlende SEO-Power auszugleichen?
Eine Fokussierung auf Nischen ist vielfach die letzte Chance, die kleinere Anbieter überhaupt noch haben. Wer sich nicht differenziert und einfach nur nach der „Me-too“ Philosophie im Markt mitschwimmt, anstatt diesen (mit)zuprägen, wird es im SEO und im Online-Marketing insgesamt immer schwerer haben.
Einfach einen Online-Shop ohne Abgrenzung zum Wettbewerb betreiben: Das wird nicht mehr reichen. Große Shops mit entsprechenden Marketingkonzepten, Budgets und Markenbekanntheit werden hier langfristig nicht nur durch höhere Klickraten einen Vorteil haben.
Der Vergleich von “Badeshort” und “Badehose” – um am Beispiel zu bleiben – in Google Trends zeigt nicht nur den direkten Vergleich des Suchmarkts, sondern auch die regionale Verteilung nach Bundesländern. Wie kann dies ein Shop aus Hamburg für sich nutzen, wenn die Kunden für seine Produkte im Süden sitzen?
Vielleicht sind „Brötchen“ und „Schrippen“ das bessere Beispiel, da aus meiner Sicht die Badeshorts nicht dasselbe Produkt darstellt wie die Badehose. Wobei sich Brötchen über das Netz wohl schwer verkaufen lassen 🙂
Selbstverständlich macht es Sinn, sich auf seine Zielgruppe zu konzentrieren und diese gezielt anzusprechen. Welche Art von Marketing man auch immer betreibt: Eine Individualisierung und Nutzerzentrierung sollte auf jeden Fall mit dazugehören. Ich träume von einer Shopwelt, die gezielte Ansprachen wesentlich stärker online lebt. Im Ladengeschäft habe ich (meist) auch eine individuelle Beratung. Online wird allerdings vieles noch zu häufig über einen Kamm geschert. Dabei präsentiert man selbst beratungsintensive Produkte mit „suchmaschinenoptimierten“ Texten á la „liest doch eh keiner, von daher haben wir diese ASCII-Wüste“.
Bei manchen Keywords ist der Suchmarkt nicht ausreichend, um qualifizierte Ergebnisse zu erhalten. Welche Möglichkeiten gibt es, um dennoch mit Google Marktforschung zu betreiben?
Grundsätzlich unterscheidet sich das Vorgehen hier nicht zu den Märkten, bei denen viele Daten vorliegen. Neben Google-Suggest sind natürlich auch Frage-Antwort-Portale eine gute Quelle, um mehr über den Markt zu erfahren. Zwar nicht im Sinne von „so hoch ist die Nachfrage“, aber im Sinne von „Das sind Themen, die wir abdecken sollten, um als Marktführer wahrgenommen zu werden“.
Ein Einwand, den man immer häufiger hört: Keyword-Analysen etc. sorgen dafür, dass letztendlich alle Shops dem gleichen Markt hinterherrennen. Somit wird die Konkurrenz eher größer. Gibt es Strategien, um dieser Falle zu entkommen?
Aus meiner Sicht sind die meisten Keyword-Strategien von Shops weiterhin viel zu schmal gehalten. Eine Fokussierung auf die eigenen Stärken, eine Abgrenzung zum Wettbewerb und eine gezielte Optimierung auf die Themen, in denen man seine Stärken hat, helfen auf jeden Fall. So kann man die Nutzer vom eigenen Angebot überzeugen.
Ein paar Worte zu Ihnen?
Ich bin geschäftsführender Gesellschafter der Online Marketing Agentur Trust Agents. Wir legen unseren Schwerpunkt auf das Thema Suche und unterstützen sowohl Startups als auch Dax-Konzerne. Mittlerweile haben wir 45 Mitarbeiter und sind international aufgestellt. Als eine der wenigen Agenturen tragen wir das BVDW SEO-Zertifikat für Strategie, Onpage und Offpage.
Ich habe ursprünglich Informationswissenschaft studiert, bin nach meinem Studium zu Rocket Internet gewechselt und habe für verschiedene Beteiligungen die Konzeption und Umsetzung von SEO-Strategien übernommen. An meiner ehemaligen Hochschule lehre ich das Thema Suchmaschinenoptimierung und bringe gerade das Buch „Technisches SEO“ heraus, welches ich zusammen mit meinen Gründerkollegen verfasst habe. Mehr zu mir gibt es auf meiner Homepage.