Franz Sauerstein: “Onlineshops brauchen eine klare Fokussierung” [Interview]

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Die richtige Positionierung entscheidet darüber, ob ein Onlineshop erfolgreich ist oder nicht. Franz Sauerstein gibt unseren Lesern Tipps zu den wichtigsten Maßnahmen in und außerhalb von WooCommerce.

Franz, du zeigst in deinem neuen Buch Mehr Gewinn mit WooCommerce, wie man mit dem richtigen Onlinemarketing den Shop-Umsatz erhöht. Aus deiner Erfahrung heraus: Was sind die Punkte, die bei der Vermarktung von Shopbesitzern meist vernachlässigt werden?

Es gibt drei Punkte, die immer wieder gerne vernachlässigt werden: Die Kommunikation einer auf die Zielgruppe zugeschnitten Positionierung, das Ausmerzen von Kinderkrankheiten im Shop und das Aufsetzen eines Prozesses, der Tag für Tag Fremde zu Kunden macht. Viele Shops machen den Fehler, dass sie nicht auf den ersten Blick kommunizieren, für wen der Shop ist und welche Produkte angeboten werden. Wählt ein Shop dagegen eine Nische, fällt das Überzeugen und Halten von potentiellen Kunden deutlich einfacher.

Zum anderen sind Shopprojekte oft nervenzerrende Großbaustellen. Ist ein Shop erstmal online, freuen sich die Betreiber und wischen sich den Schweiß von der Stirn. Oft gibt es dann aber noch Bugs in Form von falschen Verlinkungen, langsamen Ladezeiten, fehlerhaftem Design oder nicht korrekt laufenden Funktionen, die das Einkaufserlebnis der potentiellen Kunden erschweren und diese so vergraulen.

Zu guter Letzt fehlt Shops oft ein Prozess, um neue Kunden zu generieren. Durch Zufall oder durch eine glückliche Marktlage werden Bestellungen generiert – zusätzliches Geschäft kann man so aber nicht systematisch erzielen. Das Wachstum des Shops wird dann rein externen Faktoren überlassen. Shopbetreiber, die Ihren Vermarktungsprozess kennen und regeln, können Monat für Monat wachsen.

Wo können Shopbetreiber ansetzen, die nur wenig Zeit und wenig Budget zur Verfügung haben? Welche konkreten Maßnahmen schlägst du ihnen vor?

Zuerst sollten die Shopbetreiber herausfinden, wo sie stehen. Wie viele potentielle Kunden besuchen meinen Shop täglich? Wie sieht es mit meiner Conversionsrate aus? Mit der WooCommerce Checkliste lassen sich in diesem Fall erste Ideen für Maßnahmen finden.

Shops, die wenig Budget zur Verfügung haben, leiden oft an zu wenigen Käufen pro Tag und sind deswegen in einem Teufelskreis gefangen. Es ist kaum oder kein Budget vorhanden, um Anzeigen zu schalten oder Profis zu engagieren. Hier heißt es dann: Einen kritischen Blick in den Kalender und Zeit freikämpfen. Entweder müssen Aktivitäten gestrichen werden, die das eigene Unternehmen nicht voranbringen, oder man muss (operative) Tätigkeiten wegdelegieren. Mit der gewonnen Zeit können kostengünstige, aber zeitintensive Maßnahmen umgesetzt werden, wie etwa das Schreiben von Gastbeiträgen, das Auftreten in Podcasts und Videoshows oder die Pflege des eigenen Magazins. So generiert man Besucher, die den Marketingprozess durchlaufen und schlussendlich zu Kunden werden.

Mein persönlicher Tipp: Viele Unternehmerinnen und Unternehmer vergessen, dass eine Investition nötig sein kann, um den skizzierten Teufelskreis zu durchbrechen. Das kann eine Bankinvestition sein, ein Crowdfunding oder eine Vorfinanzierung durch die eigenen Kunden. Für solche Themen empfehle ich aber die Gründungsbegleiter von Gründerschiff.

Welche Besonderheiten sollte man beim Onlinemarketing mit WooCommerce berücksichtigen, oder gibt es dabei keine Unterschiede zu anderen Shopsystemen?

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Franz Sauerstein

Grundsätzlich entstehen erstmal keine Unterschiede, wenn man ein Produkt online vermarktet und dabei die eine oder die andere Shopsoftware benutzt. Die Grundlagen sind immer die gleichen: Man benötigt eine Positionierung, welche die Zielgruppe anspricht und einen Marketingprozess, um die Zielgruppe Schritt für Schritt zum Kauf zu führen.

Die Unterschiede zeigen sich aber in der technischen Umsetzung der Marketingstrategie: WooCommerce ist die weltweit am häufigsten eingesetzte Shopsoftware. In den meisten Fällen stellen Marketingtools native Anbindungen an WooCommerce bereit, wie zum Beispiel Facebook und Mailchimp. Die Zahl der Plug-ins um kleinere und größere Marketingaufgaben zu erledigen, ist beinahe unüberschaubar. Das ist mir aber deutlich lieber als die gegensätzliche Situation, wie sie bei kleineren oder weniger aktiv gepflegten Shopsoftwares oft vorliegt. Dann muss man nämlich Eigenentwicklungen programmieren und pflegen lassen. Das ist aufwendig, nervenaufreibend und teuer.

Gibt es hier Plugins und sonstige Lösungen, die du besonders empfehlen kannst? Auf welche setzt du bei deinen Kundenprojekten mit WooCommerce?

Zuerst wird natürlich immer German Market installiert 😉 . Spaß beiseite, die Suite nimmt mittlerweile so viele operative Aufgaben wie die Rechnungsstellung, die Schnittstellen & Co. ab, dass sich die Investition auf jeden Fall lohnt.

Dann folgt eine Anbindung an einen E-Mail-Marketing-Anbieter. Ich nehme mehr und mehr Abstand von MailChimp, da eine ordentliche Marketing-Automation damit nicht möglich ist. Ebensowenig wie eine individuelle Handhabung der einzelnen Interessenten. Stattdessen verwende ich Drip, um Onboarding-E-Mails, Warenkorbrettungen oder Upsells zu verschicken.

Das Plugin Facebook for WooCommerce kann ich ebenfalls voll empfehlen. Damit ist die Integration und volle Nutzung des Facebook Pixel kinderleicht. So lassen sich zu günstigen Preisen qualifizierte Besucher einkaufen, durch Lookalike-Audiences der Kunden.

Du gehst in deinem Buch insbesondere auf das Thema Nischen-Marketing ein. Warum ist es ratsam, nicht allzu breit zu streuen, sondern sich auf ausgesuchte Produkte zu konzentrieren?

Wer sich auf ausgesuchte Produkte und ausgesuchte Käufer konzentriert, macht sich das Leben leichter. Die Gründe dafür sind folgende:

  1. Der Wettbewerb ist groß. Je breiter man die eigene Nische wählt, umso mehr Wettbewerber konkurrieren um die selben Kunden. Das bedeutet nicht, dass man keinen Erfolg haben kann – aber die Chancen sinken.
  2. Wählt man eine kleine Nische, wird es deutlich einfacher den potentiellen Kunden einen Spiegel vorzuhalten und zu beschreiben, welche Waren man für wen verkauft. Ein Beispiel: „Wir verkaufen milchbildende Stillkugeln für junge Mütter“ ist deutlich klarer als „Wir verkaufen Cerealiensnacks für Mütter“ ist deutlich klarer als „Wir verkaufen Müslikugeln.“
  3. Eine eng gewählte Nische hat auch ganz praktische Gründe: Mit einer klaren Fokussierung wird man von potentiellen Käufern besser in den Suchmaschinen gefunden und profitiert davon, dass das eigene Angebot wie „der Deckel auf den Topf“ passt.

Bei der Wahl einer Nische sollte man darauf achten, dass man sich dafür begeistern kann und der Nischenmarkt spannend und profitabel ist. Ist so ein Markt gefunden, recherchiert man seine Tauglichkeit und die Eigenarten der Zielgruppe durch Kundenbefragungen.

Auch die Optimierung der Conversion Rate ist dir wichtig, als zentraler Anker für mehr Umsatz. Wie lassen sich Produktseiten und sonstige Elemente testen, wenn der Traffic noch relativ begrenzt ist?

Die Optimierung der Conversion Rate ist wichtig, weil diese eine der beiden Faktoren für mehr Umsatz ist: Die Zahl der potentiellen Käufer, welche einen Shop besuchen, multipliziert mit der Conversion Rate ergibt die Zahl der Bestellungen. Eine durchschnittliche eCommerce Conversion Rate liegt bei ein bis zwei Prozent.

Wer noch nicht genug Traffic auf der eigenen Website hat, um A/B-Tests für die Conversion Rate Optimierung zu nutzen, sollte die gängigen Konventionen für Onlineshops im eigenen Store umsetzen:

  • Warenkorbicon oben rechts
  • Hauptmenü immer sichtbar in der Kopfzeile
  • Logo oben links
  • Lange Texte mit Listen und Unterüberschriften auflockern
  • Wichtigste Zahlungsweisen anbieten
  • u.v.m. (weitere Hinweise im Buch)

Zudem kann man Freunde bitten, auf der Seite ein bestimmtes Produkt zu kaufen, während man diesen über die Schulter schaut. Das Ziel dabei ist es, jedes Element zu entfernen oder zu verbessern, das den potentiellen Käufer beim Bestellen stört, verwirrt oder ablenkt. Mit solch einer kritischen Selbstanalyse sollte die Conversion Rate auf 2 Prozent steigen.

Danach konzentriert man sich auf die Generierung von qualifizierten Besuchern, bis man mit mehr Traffic aussagekräftige A/B-Tests bzw. Experimente für die Conversion Rate Optimierung laufen lassen kann.

In Mehr Gewinn mit WooCommerce erläuterst du den Erfolg des Produktlayouts von Amazon. Was können kleinere und mittlere Shops von dem Branchenprimus lernen?

Amazon formt die Shoppingewohnheiten und die Erwartungen der Kunden. Man schätzt, dass jeder zweite Kauf online über Amazon getätigt wird. Betreiber von kleineren und mittleren Shops können mit schneller und kostenloser Lieferung sowie einem einfachen Bestellvorgang Kunden überzeugen und begeistern.

Das Layout der Produktseiten ist wie folgt aufgebaut: Oben links findet sich ein großes Aufmacherbild, daneben der Titel und die Kurzbeschreibung, ganz rechts der Button, um das Produkt in den Warenkorb zu legen. Unten drunter werden verwandte Produkte angezeigt, dort drunter dann die Produktbeschreibung. Amazon testet gerade intensiv, ob die Rezensionen besser oberhalb oder unterhalb der Produktbeschreibungen angezeigt werden.

Eine schnelle Logistik kann durch straffe Prozesse oder eine Abwicklung direkt via Amazon (Fulfillment by Amazon) gewährleistet werden. So stellt man sicher, dass die bestellte Ware innerhalb von drei Tagen beim Kunden ist. Auch Rücksendungen sollten einfach und bequem sein: Am besten legt man den Paketen schon das Rücksendeformular mit Paketlabel bei.

Damit hört es aber noch nicht auf: Man sollte sich auch fragen, welche Vorteile der eigene Shop gegenüber Amazon hat. Ein Tipp: In diesem Zusammenhang kann man die Nische und die eigene Persönlichkeit voll ausnutzen. Man kann zum Beispiel die Bestellbestätigungen mit einer Prise Humor personalisieren. Oder Dankeskärtchen, Gutscheine und Probeprodukte zu den Paketen beilegen bzw. passendes Zubehör empfehlen. Hier steht die Persönlichkeit und der Charakter des Shop-Teams und des/der BesitzerIn im Vordergrund. Mit Menschlichkeit lässt sich gegenüber dem kalten Riesen Amazon punkten.

Zum Schluss noch eine andere Frage: Wie sind deine Erfahrungen mit Mehr Gewinn mit WooCommerce? Kannst du anderen empfehlen, sich über ein Experten-Buch zu vermarkten? Und was sind deine wichtigsten Erkenntnisse aus dem Projekt?

Bis jetzt habe ich sehr gute Erfahrungen mit „Mehr Gewinn mit WooCommerce“ gemacht. Ich freue mich über das Lob, dass mich per E-Mail erreicht, und über die Bewertungen auf Amazon wie ein kleines Kind. Während dem Schreiben habe ich viel gelernt, da ich noch einmal ganz anders über WooCommerce und die Vermarktung eines Onlineshops nachgedacht habe.

Ich konnte meine Gedanken sortieren und in eine Struktur bringen, mit der ich jetzt auch neuen Kunden bessere Ergebnisse liefere. Allein deswegen hat sich das Veröffentlichen des Taschenbuchs und des eBooks schon gelohnt. Ein weiterer Vorteil ist natürlich, dass ich potentiellen Kunden mein Buch empfehlen kann, damit sich diese ein Bild von meiner Arbeits- und Denkweise machen können. Das schafft Vertrauen und macht die Zusammenarbeit intensiver, weil alle Beteiligten dann „die selbe Sprache“ sprechen.

Das Plus für unsere Leser: Mehr Gewinn mit WooCommerce enthält einen Gutschein, mit dem du 25 Prozent Rabatt unter anderem auf unsere Top-Plugins German Market und Role Based Prices erhältst. Das spart dir zusätzliches Geld.

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Michael Firnkes

Redakteur bei MarketPress. Blogger aus Leidenschaft, Corporate Blog & Content Marketing Trainer, Buchautor (u.a. "Blog Boosting"). Mit-Organisator des WP Camp Berlin.

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