Ist es wirklich so einfach, einen Onlineshop auf WordPress- und WooCommerce-Basis umzusetzen? Was gilt es dabei zu beachten, welche Plugins haben sich bewährt? Wir fragen Adrian Wackernah, der seit 2012 zusammen mit seiner Frau die Bildmanufaktur Wackernah betreibt, einen Webshop für Fotografien und eBooks.
Unser Beitrag „In fünf Minuten zum WooCommerce-Shop“ sorgte für einigen Widerspruch. Wie einfach ist es tatsächlich, mit der WordPress-Erweiterung einen Onlineshop einzurichten? Und welche fortlaufenden Arbeiten in welchem Umfang warten danach auf neue Shop-Betreiber?
WordPress und WooCommerce sind in der Tat in 5 oder 10 Minuten installiert. Doch dann beginnt die Konfiguration der einzelnen Komponenten. Wer dabei mit WordPress schon Erfahrungen hat, der wird das System sicher in einer halben Stunde grundkonfiguriert haben. Ich denke dabei an Dinge wie Permalinks, Titel und Untertitel der Seiten. Dann braucht es ja noch einige Basisplugins für die Einrichtung einer Sitemap, gegen Kommentarspam usw.
Das WordPress-Theme muss WooCommerce am besten von Haus aus unterstützen, sonst macht man sich unnötig viel Arbeit. Die Einrichtung von WooCommerce dauert schon etwas länger, man muss für sich ja erst die richtigen Settings finden. Ich hab zum Beispiel allein die Versandkosten schon dreimal geändert, weil sich die vorherigen Vorgaben als nicht optimal für meine Produkte herausgestellt hatten. (Eine entsprechende Anleitung ist hier verfügbar, Anm. d. Redaktion.) Und es gibt noch viel mehr einzustellen, das man jedoch erst im Laufe der Zeit bemerkt und dann durch geänderte Optionen anpasst.
„Das WordPress-Theme muss WooCommerce von Haus aus unterstützen“
Wie viele Probleme es geben kann, das lässt sich im Forum von WGM (WooCommerce German Market, Anm. d. Redaktion) nachlesen, alleine was die Konfiguration angeht. Je mehr Produkte man in seinem Shop anbietet, desto höher wird der Aufwand von Anpassungen, wenn sich in WooCommerce nach einem Update etwas ändert oder wenn WGM neue Funktionen hinzufügt. Besonders viel Arbeit hatte ich nach dem Upgrade auf WooCommerce 2.0 und im Juni 2014, als das neue Verbraucherschutzrecht in Kraft trat.
Sie haben einen sehr vielseitigen Webshop, vom Standardprodukt bis hin zu variablen und digitalen Produkten ist alles enthalten. Mit welchen Plugins und Extensions arbeiten Sie dabei für welchen Zweck?
Einfache Produkte sind auch besonders einfach einzustellen. Da gebe ich den Preis ein, optional die Lagerverwaltung und die vorrätigen Mengen sowie ein schönes Produktbild. Fertig. Digitale Produkte sind mit den vorhanden Funktionen von WooCommerce relativ einfach einzupflegen. Unsere eBooks im Format PDF zum Beispiel sind als einfaches Produkt mit den Optionen Virtuell und Herunterladbar angelegt. Preis eingeben, Datei für den Download hochladen, Produktbild hinzufügen und fertig.
Als variable Produkte habe ich unsere Wandbilder angelegt. Der Kunde soll sich seine Ausführung und Größe in gewissem Rahmen selbst auswählen können. Also habe ich ein variables Produkt hinzugefügt, und jede Ausführung als Variation mit eigenem Preis festgelegt. Die Produktbilder zeigen beispielsweise das Produkt als Foto auf Leinwand. Eine Variation jedoch ist das Foto mit Bildunterschrift in einem Holzrahmen. Der Variation habe ich einfach ein eigenes Produktbild in der Variation vom Foto im Holzrahmen hinzugefügt. So sieht der Kunde auch gleich, was er bekommt, wie das Produkt aussieht.
Last but not least betreibe ich zudem ein klitzekleines Fotolabor. Das wollte ich gerne integrieren. Die Laborprodukte Foto auf Leinwand, Fotoabzug auf Fotopapier und mattem Fotopapier habe ich als variable Produkte angelegt, und zwar als Produkte in gängigen Größen. Das hätte ich auch anders lösen können, doch in meinem Fall reicht es aus. Nun wollte ich gerne, dass der Kunde auch seine Datei zum Druck hochladen kann. Dabei half mir das Plugin WooCommerce Product Add-ons (Affiliate-Link), das genau das erlaubt. Die Dateien werden sicher in einem separaten Verzeichnis abgelegt, ich als Shopbetreiber habe in der Bestellung komfortabel Zugriff darauf.
Zu welcher Vorgehensweise raten Sie: Sollte man möglichst viel mit WooCommerce-„Bordmitteln“ umsetzen, oder kann man bedenkenlos zu mehreren Erweiterungen gleichzeitig greifen? Welches Risiko bringt solche Erweiterungen mit sich?
Weniger ist mehr. Je mehr an Extensions – wie die Plugins für WooCommerce heissen – ich installiere, desto mehr Performance brauche ich auf dem Server. Das meiste lässt sich in der Tat mit Bordmitteln umsetzen. Ich brauche eigentlich nur das WooCommerce Product Add-ons wirklich, damit Kunden Dateien hochladen können.
Zusätzlich habe ich weitere Extensions von WooCommerce installiert. Bei diesen kann ich eigentlich davon ausgehen, dass sie auch wirklich funktionieren. Aber ich habe auch schon Schiffbruch mit Erweiterungen für WooCommerce erlitten. Diese passten nicht zusammen, oder die versprochenen zusätzlichen Funktionen fielen so spärlich aus, dass das den Preis nicht rechtfertigte.
„Updates sollte man auf einem Testserver ausprobieren“
Glücklicherweise konnte ich die Extensions an WooThemes zurückgeben und bekam umgehend mein Geld wieder. Grundsätzlich sollte man Updates nie sofort nach Erscheinen installieren. Entweder gilt es, die Updates auf einem Testserver auszuprobieren, oder man wartet in den Foren auf Berichte und Meldungen von anderen Nutzern. Es gibt immer Wagemutige, die sofort Updates einspielen und dann jammern, das etwas nicht funktioniert.
Wie lässt sich aus Ihrer Erfahrung heraus die Qualität von Plugins und Erweiterungen für WooCommerce einschätzen?
Die meisten Plugins von WooThemes sind gut, zumindest die, die ich probiert bzw. gekauft habe. Man muss sich aber Zeit nehmen und die Plugin-Beschreibungen genau durchlesen, um herauszufinden, welches das gesuchte ist. Es gibt aber auch einige Extensions, bei denen ich mich frage, wie der Preis gerechtfertigt sein soll. Zum Beispiel hatte ich mir das Product Vendors Plugin gekauft, um in meinem Shop Produkte von befreundeten Künstlern anzubieten, ganz wie bei Amazon Marketplace oder wie in einem Ebay-Shop. Doch es funktionierte besonders schlecht, hatte Bugs und vor allem braucht man dafür noch andere Extensions, damit die Lösung schlüssig lief. Es gab viele Haken und Ösen, zu viele. Ich gab das Plugin zurück.
Man sollte genau abschätzen, was man in seinem Shop wirklich braucht. Denn je mehr Funktionen ein Onlineshop bietet, desto unübersichtlicher kann er auch für den Kunden werden, besonders wenn dieser zu viele Wahlmöglichkeiten vorgesetzt bekommt.
Was sollte man bei der Auswahl eines für WooCommerce bzw. für einen Shop geeigneten WordPress-Themes berücksichtigen?
Ach, das ist ein ganz besonders Thema. Angefangen hatte ich mit dem kostenlosen Theme MyStile von WooThemes. Zum Probieren reicht das. Dann kaufte ich mir das Theme einer deutschen Themeentwicklerin. Die war sympathisch, das Theme recht modern und preiswert. Doch mit WooCommerce wollte es partout nicht zusammenarbeiten. Und die Entwicklerin konnte mir dabei auch nicht helfen. Dann kaufte ich mir nacheinander drei Themes bei WooThemes. Die Integration war vorbildlich. Aber es gab nur englische Texte, Übersetzungen musste ich mir selbst anlegen. Doch alle Texte eines Themes zu übersetzen, das kann schnell zum Tagesjob werden.
Dann fand ich mein aktuelles Theme bei den Leuten von Kriesi.at, einem österreichischen Entwickler. Das bringt von Hause aus Vorlagen für WooCommerce mit, hat lebenslangen Support mit kostenlosen Updates, muss also nur einmal bezahlt werden. Und der Funktionsumfang ist gewaltig, das Theme bringt viele Sprachpakete mit, natürlich auch deutsch. Auch der Support ist vorbildlich, er half mir sogar bei der Integration eines hinzugekauften Plugins für WooCommerce.
Wichtig sind also unbedingt deutsche Texte, guter Support, schnelle Updates bei neuen Versionen von WordPress bzw. WooCommerce, Kompatibilität mit WooCommerce und WGM sowie alle Features, die man für sein Blog bzw. Shop sonst noch für wichtig hält.
Was gefällt Ihnen besonders an WooCommerce? Was hingegen scheint Ihnen verbesserungswürdig, und warum?
Als ich damit begann, meinen ersten Shop mit WooCommerce einzurichten, war dieses noch recht einfach und übersichtlich gebaut. Mit jedem Update nehmen die Funktion zu. Doch die Fülle an Funktionen scheint mehr und mehr Fragen aufzuwerfen, wie man in vielen Foren lesen kann. Oder anders herum: je umfänglicher WooCommerce wird, desto schwieriger ist es zu handhaben. Das Produkte einstellen geht ja recht flott von der Hand, besonders schätze ich die „Datensatz duplizieren“-Funktion. Mit ihr spare ich mir die wiederholte Eingabe von gleichen Parametern bei einem Produkt. Ich muss nur ändern, was sich vom Original-Produkt unterscheidet.
„Bei variablen Produkten wünsche ich mir mehr Komfort“
Anders herum ist das Ändern von bereits eingestellten Produkte recht umständlich. Im Quick-Edit-Modus kann ich nur wenige Dinge ändern, muss das Produkt also meist im Full-Edit aufrufen. Noch komplexer wird es bei variablen Produkten. Da wünsche ich mir mehr Komfort. Eine große Erleichterung wäre es schon, wenn ich auf der „Produkt bearbeiten“ Seite einen Link zum Blättern hätte, mit dem ich nach dem Speichern des bearbeiteten Produkts zum nächsten Produkt wechseln kann.
Bei den kaufbaren Extensions wünsche ich mir eine komplette Mehrsprachigkeit. Und wenn nur eine Sprache dabei ist, dann kann ich wenigstens die .po und .mo Files selbst übersetzen, was sich bei Extensions ja meist noch recht übersichtlich bewerkstelligen lässt.
Onlineshop-Betreiber in Deutschland und Österreich stehen vor einer recht speziellen Herausforderung: Den rechtlichen Rahmenbedingungen, die in letzter Zeit nicht gerade einfacher geworden sind. Arbeiten Sie bei Ihren AGB und anderen Texten mit einem Anwalt zusammen? Wie schützen Sie sich vor möglichen Abmahnungen?
Bisher habe ich den Texten von WGM vertraut. An den richtigen Stellen um eigene Inhalte ergänzt, sollten die rechtssicher genug sein. Was ich von den Optionen nicht brauche bzw. habe, streiche ich einfach raus. Allerdings ist mein Shop wohl noch nicht wichtig genug, um von einem Abmahner besucht zu werden. Trotzdem konnte ich nach Inkrafttreten der neuen Verbraucherrichtlinie schon häufigere Zugriffe auf die Rechtstexte meines Shops beobachten.
Vor kurzem habe ich eine Webseite für eine befreundete Künstlerin aufgesetzt, mit den gleichem Komponenten wie bei meiner Homepage. Ihr waren die mitgelieferten Rechtstexte nicht speziell genug und so hat sie einen Rechtsanwalt beauftragt. Heraus kamen zwar reduzierte aber inhaltlich nur wenig abweichende Rechtstexte, wohl weil der Anwalt manches etwas anders interpretiert bzw. formuliert.
Obwohl Sie als Fotograf und Künstler nicht „vom Fach“ sind, haben Sie Ihren WooCommerce-Shop eigenständig umgesetzt. Mittlerweile geben Sie sogar anderen Nutzern Tipps, etwa in unserem Supportforum. Wie haben Sie sich das notwendige Wissen erarbeitet? Welche Quellen können Sie empfehlen?
Bei allem, was ich tue, muss erst meine Begeisterung geweckt sein. Dann lerne ich schnell und bin durch und durch Autodidakt. Ich probiere, versuche das umzusetzen, was mir das Neue verspricht. Es gibt nicht die Quelle, jedes Neue hat seine eigenen Quellen. Bei einem Theme gibt es natürlich den Support, meist als Forum angelegt. Dann finde ich aber auch Informationsquellen, wenn ich bei einer Google-Suche mein Problem genau definiere. Und dann heisst es, die Fundstellen eine nach der anderen abzuarbeiten, bis dann irgendwann etwas Interessantes dabei ist. Ich schaue gerne mal auf die Smashing Magazine Webseite und finde dort Lesenswertes. Ansonsten bleibe ich neugierig und experimentiere gerne.
Ihre Tipps für den Einstieg: Worauf sollten Onlineshop-Neulinge ganz besonders achten?
Wenn die Entscheidung für WordPress und WooCommerce gefallen ist, sollte man erst genau darüber nachdenken, welche Produkte eingestellt werden sollen und welche Struktur ich mir als Shopbetreiber wünsche. Dann gilt es, die Kundenseite zu betrachten: Wie kann sich der Kunde möglichst einfach im Warenangebot bewegen, wie schnell findet er, was ihn interessiert? Erst dann sollte man mit dem Einrichten des Shops beginnen. Ich hab das genau anders herum gemacht, was mir sehr viele unnötige Arbeitsstunden bescherte.
Ein paar Worte zu Ihnen und dem Entstehen Ihrer Bildagentur?
Mein Traum war es, ein berühmter Fotograf zu werden. Ich begann mit einem kleinen Studio in meiner Dreizimmerwohnung. Dann kam in den 80er-Jahren ein Fotolabor hinzu. Mit meinem ersten Mac 1985 erschloss sich mir die digitale Welt. 1996 konnte ich mit der Canto Cumulus Server Software einen Bildershop ins Internet bringen, der per doppelter ISDN-Leitung zu erreichen war. Abenteuerlich. Seit damals haben wir eigentlich schon immer eine eigene Website gehabt.
Vor gut zehn Jahren probierte ich erstmals WordPress und bin seitdem begeistert. Wir haben viele Höhen und Tiefen gehabt. 2003 waren wir mit die ersten, die einen professionellen Onlineshop für unser Fotolabor hatten. Die Nachfrage war so rasant, das ich bis 2008 täglich als Einzelkämpfer zwischen zwei und zehn Pakete mit fertigen Laborprodukten an DHL und UPS für den Versand übergab.
Heute bin ich wieder auf dem Boden der Tatsachen zurück. Ich fotografiere, was mir Spaß bereitet, mache mit meiner Frau zusammen Ausstellungen mit unseren Fotografien, drucke hier und da für treue Kunden Fotos für deren Kunden oder Ausstellungen, engagiere mich im Kunstverein und helfe Künstlern und Freunden beim Aufbau der eigenen Homepage. Und natürlich gebe ich mein bescheidenes Wissen gerne weiter, so wie ich auch immer unterstützt wurde und werde. Gemeinsam schaffen wir es.
Wir bedanken uns bei Adrian Wackernah für das Interview und hoffen, dass seine WordPress-Begeisterung noch lange anhält. Fragen an ihn können gerne in den Kommentaren gestellt werden.